Abstandsflächen
A.Grundsätze
1.Vor Gebäudeabschlusswänden sind Abstandsflächen von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten. Demnach sind Abstandsflächen im allgemeinen nur von Gebäuden und nicht von anderen baulichen Anlagen wie Fahnenstangen, Zäunen, Lagerplätzen, Terrassen und dergleichen erforderlich.Wen aber eine bauliche Anlage wie ein Gebäude wirkt, dann muss auch diese Anlage Abstandsflächen einhalten [z.B. eine Mauer mit 15 m Länge und über 2 m Höhe].
2.Abstandsflächen müssen in der Regel auf dem Baugrundstück liegen und dürfen sich nicht überdecken.
3.Die Abstandsfläche sind so breit wie die betreffende Gebäudewand.
4.Die Tiefe der Abstandsflächen richtet sich in erster Linie nach der Wandhöhe [s. dort] des Gebäudes. Die Giebelhöhe im Dachbereich wird mit einem Drittel zur Wandhöhe hinzugerechnet. Die Höhe von Dächern mit mehr als 45 Grad Neigung wird ebenfalls mit einem Drittel angerechnet [ab 75 Grad voll]. Auf der Giebelseite wird aber auch bei einer Dachneigung von mehr als 45 Grad nur ein Drittel hinzugerechnet. Die Abstandsfläche stellt man besten wie die an allen Gebäudeseiten heruntergeklappte Aussenwand vor [s.Abb. 1 und 2]. Bei Hanglage ist die Abstandsfläche trapezförmig, weil die Wandhöhen verschieden sind [s.Abb.3].
5. Bei zwei Wänden mit höchstens 16 m Länge genügt die halbe Wandhöhe als Abstandsfläche. Wird das Gebäude aber mit einer Wand an die Grenze gebaut, kann die Halbierung nur noch bei einer Wand erfolgen. Die Halbierung muss ganz entfallen, wenn das Gebäude an zwei Grenzen gebaut wird. Weitere Reduzierung der Abstandsflächentiefe auf die Hälfte bzw. ein Viertel gibt es in Kern- bzw. in Gewerbe- und Industriegebieten.
6. Die Mindesttiefe der Abstandsflächen beträgt drei Meter.



B.Sonderregelungen
1.Abstandsflächen entfallen, wenn aufgrund planungsrechtlicher Vorschriften wie nach den Festsetzungen eines Bebauungsplanes [s. Bauleitpläne oder entsprechend der vorherrschenden Bauweise [s.Bauweisen] an die Grundstücksgrenze gebaut werden darf oder muss.
2. Die Gemeinden können in Ihren Bebauungsplänen abweichende Abstandsflächentiefen festsetzen. Die Abstandsflächen können eine grössere oder eine kleinere Tiefe als die Abstandsfläche der Bayerischen Bauordnung haben. Das bedeutet, dass in diesen Fällen die festgesetzten Baugrenzen und Baulinien massgebend sind und nicht die Abstandsvorschriften der Bauordnung. Diese Regelungsmöglichkeit gilt für alle Bebauungspläne, die nach dem 1.06.1994 öffentlich ausgelegt wurden oder werden. Für ältere Bebauungspläne kann die Gemeinde abweichende Abstandsflächen ohne förmliches Verfahren beschliessen. Lediglich muss der Beschluss ortsüblich bekanntgemacht werden. Mit der Bekanntmachung wird die Änderung wirksam.
Die Möglichkeit, durch Bebauungsplanfestsetzung die Abstandsflächen zu verringern, erlaubt nicht den [ völligen ] Verzicht auf Einhaltung von Abstandsflächen. Soll auf Abstandsflächen verzichtet werden [Grenzbau] dann kann dies durch die Festsetzung der Bauweise [s.dort] geschehen. Will die Gemeinde die Abstandsflächen der Bayer. Bauordnung gelten lassen, muss sie dies im Bebauungsplan ausdrücklich festsetzen.
Grössere Abstandsflächen, als sie die Bayer. Bauordnung vorsieht, können die Gemeinden auch in örtlichen Bauvorschriften [Ortssatzung] festsetzen. Geringere Abstandsflächen können in örtlichen Vorschriften nur zur Wahrung der baugeschichtlichen Bedeutung oder zur Wahrung einer sonstigen erhaltenswerten Eigenart des Ortsbildes festgesetzt werden.
3. Auch bei offener Bauweise kann die Bauaufsichtsbehörde eine Grenzbebauung zulassen, wenn der Nachbar im gleichen Bereich die Grenze selbst bebaut hat und beide Gebäude hinsichtlich Grösse und Nutzung vergleichbar sind.
4.Versorgungsgebäude mit höchstens 5 m Traufhöhe [s.dort] wie z.B. Trafostationen, Hochbehälter, Gasübergabestationen usw. sowie Gewächshäuser für den Erwerbsgartenbau brauchen keine Abstandsflächen einzuhalten.
5.Garagen [einschliesslich deren Nebenräume] bis 50 m2 Nutzfläche, 8 m Wandlänge an der Grenze und 3 m mittlere Wandhöhe an der Grenze sind ohne Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze zulässig, auch wenn der Nachbar nicht einverstanden ist. Die Begrenzung der Nutzfläche gilt für das ganze Grundstück d.h. es werden alle Grenzen einbezogen, während sich die Begrenzung der Wandlänge nur auf die jeweils betroffene Grenze bezieht.
6.Nebengebäude ohne Feuerstätte bis 20 m2 Nutzfläche und 3 m mittlerer Wandhöhe sind ebenfalls unmittelbar an der Grundstücksgrenze zulässig. Die Obergrenze von 50 m2 für die gesamte Grenzbebauung ist zu beachten.
7.Der Dachraum über den in den Nr.5 und 6 aufgeführten Grenzgebäuden wird nach neuer Bayer. Bauordnung nicht mehr auf die Nutzfläche angerechnet. Allerdings darf der Dachraum kein Aufenthalsraum sein, sonst muss eine Abstandsfläche mit mindestens 3 m eingehalten werden. Unschädlich hingegen ist die Nutzung als Nebenraum [z.B. Abstellraum oder Holzlager].
8.Abstandsflächen können teilweise auf das Nachbarfrundstück erstrecken, wenn der Nachbar sie auf sein Grundstück übernimmt.
Früher konnte dies nur durch Dienstbarkeiten [s.Grunddienstbarkeit] geschehen, die der notariellen Beurkundung und der Eintragung ins Grundbuch bedurften. Nach der neuen Bayer. Bauordnunt reicht für eine Abstandsflächenübernahme eine schriftliche Zustimmung des Nachbarn gegenüber der Bauaufsichtsbehörde aus. Vordrucke hierfür stellt die Bauaufsichtsbehörde zur Verfügung.
Die Übernahme bewirkt, dass wenn er bauen will, den übernommenen Abstand zusätzlich zu dem Abstand für sein eigenes Bauvorhaben einhalten muss. Die Zustimmung gilt auch für und gegen den Rechtsnachfolger [Käufer, Erben]. Die Baubehörde refistriert die Abstandsflächenübernahme gesondert, so dass auch später jederzeit festgestellt werden kann, ob ein Grundstück mit einer Abstandsfläche belastet ist.
9. Weiter können Abstandsflächen auf dem Nachbargrundstück liegen, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht überbaut werden können. Dies ist z.B. der Fall, wenn dort ein Geh- umd Fahrrecht im Grundbuch eingetragen ist oder wenn das Grundstück wegen seiner Lage [ Aussenbereich, Naturschutzgebiet z.B.] nicht bebaubar ist. Tatsächlich nicht bebaubar ist ein Nachbargrundstück, wenn sich dort beispielsweise ein See oder ein Fluss oder ein Waldgebiet anschliessr.
10. Vorbauten sind Bauteile, die vor die Aussenwand vortreten, brauchen nur eine Abstandsfläche von 2 m zur Grenze einzuhalten, wenn sie im Verhältnis zur betreffenden Aussenwand untergeordnet sind und maximal 1,5 m vor die Wand vortreten. Dies gilt insbesondere für Balkone, Erker, Eingangstreppen und Eingansüberdachungen, Dachvorsprünge, Pfeiler, Gesimse, Blumenfenster und dergleichen. Nicht untergeordnet sind Balkone und Erker, deren Breite ein Drittel der Aussenwand überschreitet. Das gleiche gilt, wenn der Balkon [oder der Erker] über ein Geschoss hinausgeht. Ein Trppenhausvorbau, der die Aussenwand um ca. 1,65 m überragt. ist nach der Rechtssprechung ebenfalls kein untergeordneter Vorbau.
Nachdem die Abstandsflächenvorschriften sehr differenziert sind und ausser den sogenannten Sonderregelungen noch weitere Abweichungen enthalten, sollte man bei diesbezüglichen Fragen bei der Bauaufsichtsbehörde [Landratsamt Rhön-Grabfeld, Sachgebiet für Baurecht] vorsprechen [s.Bauberatung].
Nachbarschutz: Die Abstandsflächenvorschriften sind zusammen mit den Brandschutzbestimmungen die wichtigsten nachbarschützenden Vorschriften. Bei der Zulassung von Abweichungen [s.dort] sind die nachbarlichen Belange zu würdigen.



January 2003